Geschichte der Paralympics
Historie
Am Anfang stand Sir Ludwig Guttmann. 1899 in Oberschlesien geboren, flüchtete der jüdische Neurologe 1939 vor den Nationalsozialisten nach England, nachdem er als Chefarzt in Breslau entlassen worden war. Im Auftrag der britischen Regierung baute er ab 1943 eine Spezialklinik für Verletzungen der Wirbelsäule auf.
Sein Gedanke war es, das Potenzial des Sports auch für Menschen mit Behinderung nutzbar zu machen. Dabei dachte er zunächst an Kriegsheimkehrer*innen, die durch schwere Verletzungen auf den Rollstuhl angewiesen waren. Im Vordergrund standen die medizinische Rehabilitation, aber auch die Freude am sportlichen Wettkampf und die Stärkung des Selbstbewusstseins.
„Stoke Mandeville Games“
Vorläufer der Paralympischen Spiele
Zeitgleich mit den Olympischen Spielen in London wurden 1948 im südenglischen Aylesbury die „Stoke Mandeville Games“ durchgeführt. 16 Rollstuhlfahrer*innen wetteiferten dabei im Bogenschießen auf dem Außengelände des Stoke Mandeville Hospitals, das dem Sportfest fortan seinen Namen gab.
Die Stoke Mandeville Games wurden damit zum Vorläufer der Paralympics. Ein erster Meilenstein erfolgte 1960 mit der Verlagerung der Spiele nach Rom und ihrer (späteren) Aufwertung als erste „Paralympic Games“. In Rom waren bereits 400 Athlet*innen aus 23 Nationen am Start. Seitdem finden die Spiele alle vier Jahre statt. Sportler*innen mit Amputationen und Sehbehinderungen nahmen erstmals 1976 in Toronto (Kanada) an den Wettkämpfen teil, 1980 folgten Athlet*innen mit zerebraler Bewegungsstörung. Sportler*innen mit intellektueller Beeinträchtigung waren erstmals 1998 in Nagano (Japan) am Start.
Erste Paralympische Winterspiele
1976 in Örnsköldsvik
Die ersten Paralympischen Winterspiele wurden 1976 ausgerichtet. 250 Skirennläufer*innen aus 14 Nationen kämpften im schwedischen Örnsköldsvik um Medaillen. Ein weiterer Meilenstein war erreicht, als 1994 in Lillehammer (Norwegen) 469 Athlet*innen aus 31 Ländern gegeneinander antraten, um eine der 399 Medaillen in 133 Entscheidungen – so viele, wie nie zuvor oder danach – zu gewinnen. Anfangs standen nur alpine und nordische Skidisziplinen auf dem Programm, 1994 folgte Para Eishockey, 2006 Rollstuhlcurling und 2014 Para Snowboard.
Bei den Spielen 1988 in Seoul wurde erstmals der Begriff „Paralympics“ verwendet, vermutlich als eine Zusammensetzung der griechischen Präposition „para“ (neben) und „Olympics“. Es gibt aber auch andere Deutungsansätze.
Der Standard der Spiele hat sich stetig gesteigert. So haben sich die Paralympics zu einer starken Marke mit weltweiter Beachtung entwickelt und sind durch ihre olympische Anbindung längst aus dem Schatten des „großen Bruders“ getreten. Als drittgrößtes Sportfest der Welt, neben den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft, faszinieren die Paralympics und ziehen die Menschen weltweit in ihren Bann. Das Internationale Paralym-
pische Komitee (IPC), gegründet 1989 und seit 1999 mit Sitz in Bonn, zählt heute über 200 Mitglieds-Nationen.
Jahr |
Land |
Nationen |
Athlet*innen |
---|---|---|---|
1976 |
Örnsköldsvik (SWE) |
16 |
198 |
1980 |
Geilo (NOR) |
18 |
299 |
1984 |
Innsbruck (AUT) |
21 |
419 |
1988 |
Innsbruck (AUT) |
22 |
377 |
1992 |
Albertville-Tignes (FRA) |
24 |
365 |
1994 |
Lillehammer (NOR) |
31 |
469 |
1998 |
Nagano (JPN) |
31 |
562 |
2002 |
Salt Lake City (USA) |
36 |
415 |
2006 |
Turin/Torino (ITA) |
38 |
474 |
2010 |
Vancouver (CAN) |
44 |
502 |
2014 |
Sotschi / Sochi (RUS) |
45 |
541 |
2018 |
PyeongChang (KOR) |
49 |
563 |
2022 |
Peking / Beijing (CHN) |
50 * |
740 * |